Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Klaus Rybarczyk

Veröffentlicht am 14.12.2016 in Kommunalpolitik

Haushaltsrede für 2017

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren des Rates, der Verwaltung, der Presse und liebe Bürgerinnen und Bürger

 

Um es vorwegzunehmen: Die Fraktion der SPD wird dem Haushaltsentwurf 2017...

 

 ...zustimmen.

 

Nichtsdestotrotz einige kritische Bemerkungen zu den

 

Raesfelder Verhältnissen ...

 

Meine Vorredner haben ihnen ein reiches Zahlenmaterial vorgelegt, ziemlich verwirrend für Nichteingeweihte. Daher werde ich nur ganz wenige Zahlen erwähnen und möchte auf einzelne Aspekte eingehen wie Jahresfehlbeträge, verlorene Schuldenfreiheit, mittelfristige Finanzplanung und Haushaltssicherungskonzept, Flüchtlingssituation, Gesamtschule, familienfreundliche Gemeinde, Dorfentwicklung, Gewerbegebiete und zukünftige Zielsetzungen. Zum Schluss möchte ich noch einige uns wichtige Anmerkungen zur Streitkultur in den Ausschüssen machen.

 

Zum Aspekt Jahresfehlbeträge

 

Der vorgelegte Haushaltsplan weist einen Jahresfehlbetrag von ca. 3,13 Mill. € aus. Durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gilt der Haushalt als ausgeglichen.

Jahr für Jahr werden uns große Fehlbeträge vorgestellt und die später folgenden Jahresergebnisse weisen ein Plus oder ein kleines Minus auf.

Hier ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Ausgleichsrücklage von der Eröffnungsbilanz 2009 bis 2016. Es ist ein Anstieg von ca. 3,7 Mill. € auf ca. 5,7 Mill. € zu verzeichnen.

Das gezeichnete Horrorszenario wird uns nicht davon abhalten, sinnvolle, für die Allgemeinheit nutzbringende Anträge zu stellen.

 

Zum Aspekt verlorene Schuldenfreiheit

 

Mit der Aufnahme eines Kredites durch das Landesprogramm „Gute Schule 2020“ hat die Gemeinde die Schuldenfreiheit eingebüßt.

Der Kredit von 446772 € verteilt auf 4 Jahre, zinslos und ohne Tilgungskosten, also ein „Geschenk“ der Landesregierung, hat dazu geführt.

Da es kaum eine Gemeinde geben wird, die auf diese Unterstützung verzichtet, wird das Land bald keine schuldenfreien Kommunen mehr haben.

 

Zu den Aspekten mittelfristige Finanzplanung und Haushaltssicherungskonzept

 

Der Kämmerer hat uns die mittelfristige Finanzplanung vorgestellt.

Wenn das alles so eintrifft, wie prognostiziert, ist die Ausgleichsrücklage 2018 aufgebraucht. Das bedeutet: die Gemeinde Raesfeld ist in der Haushaltssicherung.

Das sind statistische Zahlenspielereien, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben, wird doch das Wirtschaftswachstum als stagnierend angesehen, werden die Leistungen der mittelständischen Betriebe und die der arbeitenden Bevölkerung kaum gewürdigt (Anstieg der Gewerbesteuern und Einkommenssteuern).

Es ist dennoch von Nutzen, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.

Den Ausführungen von Herrn Thesing folgend, bringt das Aufstellen eines derartigen Konzeptes auch Vorteile für die Gemeinde; kann sie doch eine günstigere prozentuale Beteiligung bei Projekten erzielen als bisher.

Allerdings müssen auf der anderen Seite Einsparmaßnahmen getroffen werden, die der Kämmerer in seinem Entwurf auch auflistet: Verkaufserlöse aus der Baulandentwicklung, Personalkosten, Anpassung der Geldanlage, Optimierung des Immobilienbestandes, interkommunale Zusammenarbeit und Geschäftsprozessoptimierung.

Denn die Gemeinde ist verpflichtet, so schnell wie möglich aus der Haushaltssicherung zu kommen.

 

 

Zum Aspekt Flüchtlingssituation

 

Die Bilanz in der Flüchtlingssituation ist für die Gemeinde positiv.

Verwaltung und Ehrenamtliche sind intensiv bemüht, der Probleme Herr und den Flüchtlingen gerecht zu werden: Willkommens-Kultur, Unterbringung, erste Versorgung, Betreuung, etc.

Da die Anzahl der neu Zugewiesenen überschaubar ist, kann eine dezentrale Unterbringung weiter verfolgt werden. Das begrüßen wir außerordentlich.

Jetzt ist es an der Zeit, die Flüchtlinge mit Bleiberecht zu integrieren, ihnen die deutsche Sprache näher zu bringen und ihnen Arbeit zu geben.

Diese Aufgabe können die Gemeinde und die Ehrenamtlichen nicht leisten. Da sind Konzepte nötig, die der Kreis, das Land, die Integrationszentren und die Arbeitsämter aufstellen und umsetzen müssen.

Das ist – zugegeben - eine Mammutaufgabe, die viel Geld erfordert.

Wir fordern die Bundesregierung und die Landesregierung auf, Programme einzuleiten, um diese Integrationsaufgabe zu lösen.

So sollte zumindest das Geld, das die Bundesregierung zur Verfügung stellt, 1 zu 1 an die Kommunen weitergeleitet werden. Hier ist die Landesregierung in der Verantwortung.

Was geschehen kann, wenn man die Integration nicht ernst nimmt, sieht man in den Ballungszentren. Z. B.:Türkische Mitbürger, die in der 3./4. Generation in unserem Land leben, die kaum deutsch sprechen und die deshalb isoliert von der Gemeinschaft leben. Ob bewusst gewollt oder nicht, das sei dahingestellt.

An dieser Stelle bedankt sich die Fraktion der SPD bei allen Beteiligten, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, ganz herzlich.

 

Zum Aspekt Gesamtschule

 

SPD-Ziel endlich erreicht!

Es macht uns stolz, dass auch die CDU im Rat nach 35-jähriger heftigster Gegnerschaft die Gesamtschulidee aufgegriffen hat und für die Gemeinde den Schulstandort einer weiterführenden Schule damit sichern hilft.

Die SPD hat in den 80er/90er Jahren die Errichtung einer eigenverantwortlichen Gesamtschule gefordert, die CDU-Mehrheit im Rat hat das vehement verhindert.

Was hätte sein können, hat uns die Gemeinde Schermbeck vorgemacht; sie hat eine intakte und anerkannte Gesamtschule.

Wir sind heute froh, wenigstens ein Teilstandort der Gesamtschule Borken/Raesfeld zu sein.

Den Sinneswandel in der CDU begrüßen wir natürlich.

Wir unterstützen das Engagement aller Beteiligten und wünschen der Gesamtschule viel Erfolg.

 

 

Zum Aspekt familienfreundliche Gemeinde

 

Immer und immer wieder hören wir, dass Raesfeld eine familienfreundliche Gemeinde ist.

Das trifft in vielen Bereichen auch zu.

Aber! Wie ist es dann zu verstehen, dass der Antrag der SPD, ein Ferienticket einzuführen, von den Fraktionen der CDU, UWG und Grünen abgelehnt wurde? Sind knapp 2000 € für das einmonatige Ticket zu viel? Die Bemerkung der CDU-Vertreter, die SPD würde Weihnachtsgeschenke verteilen, weise ich hier und heute nochmals als unsachlich zurück.

Wir befinden uns noch nicht im Kommunalwahlkampf!

 

Mit dem Ferienticket haben wir alle Familien angesprochen. Im Gegensatz zum Sozialticket im Kreis Borken, sieht unser Vorschlag so aus, dass alle Schulkinder in den Genuss kommen sollen, ohne dass Familien ihre Bedürftigkeit offen legen müssen. Keiner muss seine Bedürftigkeit nachweisen, wie es das Sozialticket des Kreises Borken vorsieht.

Schade!

Es ist ein Versuch gescheitert, ohne großen finanziellen Aufwand, etwas mehr Chancengleichheit zu erzielen. Das Gegenargument der CDU, man habe bereits einen Badebus, greift ins Leere, geht es doch um mehr als nur den Schwimmbad-Besuch. Der Badebus (geplante Kosten von 3600 €) ist in den Ferien dreimal in der Woche für die Zeit von 13.30 bis 18 Uhr für eine Fahrt nach Borken oder Heiden eingesetzt. Mit ihm ist keine andere Aktivität vorgesehen, geschweige denn Unternehmungen im gesamten Münsterland, wie es unser Ticket-Angebot vorgesehen hat. Die Geldausgabe für den Bus könnte man in den Sommerferien für einen Monat sparen. Das Argument der CDU-Fraktion („Den Badebus hat es schon immer gegeben“) können wir nicht gelten lassen.

 

Zum Aspekt Dorfentwicklung

 

Die Verwaltung hat die Dorfentwicklung 2017 auf der Agenda. Im letzten Jahr verschoben, weil die Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge Vorrang hatte.

Wir werden das Projekt „Dorfentwicklung“ mitgestalten helfen und unsere Ideen einbringen.

Eine erste Idee ist die Einrichtung eines Mehrgenerationen-Treffpunktes, ein Gelände mit Spielgeräten für Jung und Alt und Menschen mit Handicap. Wir haben im Haupt- und Finanzausschuss einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Der Ausschuss hat auf Wunsch des Bürgermeisters, der eine Beteiligung der Gemeinde am Förderprojekt Vital.NRW“Region Hohe Mark – Leben im Naturpark“ anstrebt, den Antrag verschoben. Die Errichtung eines Mehrgenerationen-Treffpunktes soll in das Förderprogramm eingebracht werden, was eine Kostenreduzierung durch Fördermittel für die Gemeinde bedeuten könnte.

Damit können wir im Moment leben.

Im Rahmen des Ziels der Schuldenfreiheit hat die Gemeinde darauf verzichtet, eine Bürgerbegegnungsstätte (Bürgerhalle) zu bauen. Es lagen Pläne in der Schublade, die für einen Anbau an der Mehrzweckturnhalle in Raesfeld sprachen.

Wir werden im Rahmen der Dorfentwicklung diese Idee wieder aufgreifen, denn nachdem das Haus Epping geschlossen wurde, haben viele bemerkt, dass es in der Gemeinde kaum Möglichkeiten für größere Veranstaltungen gibt.

 

Zum Aspekt Gewerbegebiete

 

Wenn wir höhere Gewerbesteuern im Haushalt generieren wollen, müssen wir uns um die Ansiedlung weiterer mittelständischer Betriebe kümmern. Nach Aussage von Herrn Thesing besitzt die Gemeinde kaum noch nennenswerte Flächen. Das heißt: wir müssen uns um neue Flächen bemühen und das bedeutet kurzfristig Geldausgaben, die sich erst in der Zukunft amortisieren.

Aber das ist zwingend notwendig.

 

Zum Aspekt Zielsetzungen

 

Die Fraktion der SPD wird die Prozesse, die in der Gemeinde in der Zukunft angestoßen werden, kritisch begleiten und eigene Vorstellungen einbringen. Die Themenschwerpunkte werden u. a. die Dorfentwicklung, das Finden geeigneter Flächen für anzusiedelndes Gewerbe und das Ausweisen von Wohnbaugebieten sein.

Die drohende Haushaltssicherung sollte uns aber nicht davon abhalten, nützliche und notwendige Dinge für die Bürgerinnen und Bürger zu tun.

 

An dieser Stelle möchte ich den Bürgermeister auffordern, zwei Probleme zur Chefsache zu machen: einmal die Querung der Kreuzung B 224, Suendarper Weg und Silvesterstraße und zum anderen die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Schermbecker Straße vor der Kurve nach Erle.

 

Zur Querung B 224, Suendarper Weg/Silvesterstraße : Alle vier Fraktionen haben sich einhellig für eine Lösung des Problems ausgesprochen.

Ich habe an 2 Tagen das Verhalten der Erwachsenen und Kinder morgens, mittags und spätnachmittags beobachtet. Kein Schulkind allein oder in Begleitung ist bis zur Ampelanlage an der Kreuzung B 224, Rhader Straße, Schermbecker Straße gelaufen, um dann die B 224 zu überqueren. Keine Erwachsenen (oft ältere), die ihren Hund in die Felder ausführen wollten, sind bis zur eben genannten Kreuzung gelaufen. Alle haben die B 224 am Gefahrenpunkt überquert. Dabei war zu beobachten, dass vor allen Dingen die Schulkinder die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge oft unterschätzten. Außerdem kam mir die Geschwindigkeit der Hälfte der Fahrzeuge gefühlt höher als 70 km/h vor.

Herr Grotendorst! Seien Sie der Bürgermeister aller Raesfelder, so wie Sie es im Wahlkampf versprochen haben! Werfen Sie ihr Gewicht als Bürgermeister in die Waagschale und werden Sie nicht müde, immer wieder an einer Lösung dieser Probleme zu arbeiten!

 

Zum Aspekt Streitkultur

 

Die letzten Tage haben leider gezeigt, dass sich die Auseinandersetzungen in den Ausschüssen gewandelt haben.

Nicht alle Anträge der SPD sollten von vorn herein herabgewürdigt werden - nur weil sie von der SPD kommen. So sieht sinnvolle Zusammenarbeit zum Wohle der Bürger und Bürgerinnen der Gemeinde nicht aus.

Z.B.: Der Antrag der SPD zum Ferienticket wurde ohne Information der den Antrag stellenden Fraktion kurzer Hand vom angestrebten Schulausschuss in den Sport/Kultur/Jugend/Sozial-Ausschuss verlegt.

Das ist ein Verfahrensfehler, den wir nicht tolerieren.

Unser Ausschussmitglied war überrascht und bemühte sich redlich, die Kritik an unserem Antrag auszuräumen. Unsere Vertreterin im Schulausschuss, die sich intensiv auf alle Fragen (Fakten, Organisation, Verfahrensweise) vorbereitet hatte, ist so ausgebootet worden.

Es ist weiterhin zu beobachten, dass Anträge der SPD-Fraktion immer ins Licht des Schuldenmachens gerückt werden. Auch brauchen wir keine oberlehrerhaften Kommentare, wie wir unsere Anträge formulieren sollen. Wir ganz allein sind für unsere Anträge zuständig.

Diese Vorkommnisse sind kein Zeichen für eine gute Streitkultur.

Wir erwarten eine Verbesserung.

 

 

Abschließend möchte ich mich im Namen der Fraktion für die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung bedanken, mich bedanken bei der Presse für eine stimmige Berichterstattung, bei meinen Fraktionskollegen und den sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern für eine rege Mitarbeit und bei den Bürgerinnen und Bürgern aus der Gemeinde, die uns auf Probleme in der Gemeinde hingewiesen haben.

 

Die SPD-Fraktion wünscht allen ein frohes Weihnachtsfest und ein friedvolles Jahr 2017!

 

Ich bedanke mich für ihre geschätzte Aufmerksamkeit!