Haushaltsrede 2020

Veröffentlicht am 10.12.2019 in Ratsfraktion

 

Haushaltsrede 2020

Sehr geehrter Herr Ehrenbürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Rates, meine Damen und Herren der Verwaltung und der Presse und liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Wir haben verwirrend viele Zahlen gehört. Die möchte ich nicht alle wiederholen.

Ich möchte nur auf vier wichtige Dinge hinweisen.

Erstens: Der Haushalt gilt nach den Worten des Kämmerers strukturell als ausgeglichen.

Das war er unserer Meinung nach in den letzten 4 Jahren am Ende immer. Zu Beginn des Haushaltsjahres wird tief gestapelt (um vielleicht Forderungen zu unterdrücken) und am Ende des Haushaltsjahres wird hoch gejubelt.

Zweitens: Die Gemeinde ist nicht mehr in der Haushaltssicherung.

Das ist natürlich gut. Dennoch bedeutet das aber auch eine Verminderung der Fördersätze (auf 50%).

Drittens: Das Investitionsvolumen ist mit über 11 Millionen Euro so hoch wie nie. Das ist zur Verbesserung der Infrastruktur der Gemeinde aber absolut notwendig.

Viertens: Die Steuerhebesätze werden nicht erhöht.

Eine Erhöhung hätte von uns auch keine Zustimmung erhalten, da Einkommenssteuererträge und Gewerbesteuererträge boomen.

Meine Damen und Herren,

ich möchte ihre Aufmerksamkeit nun auf Themen lenken, die jetzt und in der nahen Zukunft für die Gemeinde relevant sind und werden.

Das erste Thema: Dorfentwicklung

 

Die Verwirklichung der Dorfentwicklung hat mit den drei Projekten „Neugestaltung der Schlossallee“, „Generationenübergreifendes Freiter Pättken“ und „Öffnung der Gesamtschule zum Quartier – Umgestaltung des Schulhofes“ begonnen (drei aus den vielen Projekten des über 300 Seiten starken Dorfentwicklungskonzeptes). Diese Vorhaben bewerten wir als äußerst positiv.

Als absolut negativ bewerten wir die Behandlung der Ortsmitte von Raesfeld - das eigentlich wichtigste Projekt – für die Raesfelder. Die Fraktion der CDU hat einen Planungs- und Ideenwettbewerb durchgesetzt. Dadurch werden weitere Steuergelder eingesetzt, damit Architekten Ideen äußern wie der Ortskern gestaltet werden soll. Warum, so frage ich, haben wir zahlreiche mit Kosten verbundene Veranstaltungen und Befragungen mit den interessierten Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt? Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben sich im Vorfeld beteiligt und gute Ideen geäußert. Diese Vorschläge wünschen u.a. eine Verkehrsberuhigung, eine Bürgerbegegnungsstätte und Ruhezonen. Das ist unserer Meinung nach nur durch ein Gesamtkonzept, wie wir es gefordert haben, zu verwirklichen. Für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger bedankt sich die örtliche SPD ganz herzlich, zeigt sich hier doch deutlich, dass die Raesfelder/innen an dem Prozess der Neugestaltung unbedingt mitwirken wollen.

Zum Projekt „Generationenübergreifendes Freiter Pättken“ möchte ich nur eines deutlich machen. Dieses Projekt ersetzt auf keinen Fall unsere Forderung nach einem Mehrgenerationen-Treffpunkt für Raesfeld.

Die Geräte, die dort aufgestellt werden sollen, sind ungeeignet für Kleinkinder, Menschen mit Handicaps und Senioren.

Leider wurde unser Antrag im zuständigen Ausschuss von der Mehrheit abgelehnt.

 

Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Bau des neuen Pfarrsaals in Raesfeld. Die Verwaltung hat mit der katholischen Kirche eine Vereinbarung getroffen, dass sich die Gemeinde an den Baukosten des Pfarrsaals beteiligt. Für eine Beteiligung von 250000 € plus 400 € monatlich auf 25 Jahre (also insgesamt ca. 370000 €) gibt die Kirche die Zusage, dass nicht kirchliche Veranstaltungen – nach dem Windhund-Prinzip – erlaubt sind. Allerdings mit etlichen Ausnahmen wie Geburtstagsfeiern, Jubiläumsfeiern, Vereinsfeste, Firmenfeiern, Ehejubiläen und so weiter. Aber gerade das wollen die Bürgerinnen und Bürger, das haben sie in den Veranstaltungen zur Dorfentwicklung gefordert.

Das vorhandene Gastronomie-Angebot reicht bei weitem nicht aus. Bürgerinnen und Bürger müssen in die Nachbargemeinden ausweichen. Den heimischen Caterern entgeht somit ein Geschäft.

Wir haben diese Nutzungsvereinbarung im Rat abgelehnt. Wir haben eine leise Vermutung, dass sich die Verwaltung mit dem Nutzungsrecht des Pfarrsaals aus der Verantwortung stehlen will, eine Bürgerbegegnungsstätte zu planen. Hätten wir die 370000 € doch als Einstiegssumme für den Bau einer Bürgerbegegnungsstätte und dazu noch das Geld für den von der CDU-Fraktion ausgelobten Planungs- und Ideenwettbewerbs für den Pfarrsaal hinzu genommen und hätten wir die Fördermittel generiert, die es mit Sicherheit für das Projekt „Bürgerbegegnungsstätte“ vom Land gibt, dann wäre ein derartiges Projekt zu verwirklichen gewesen. Aber die Chance ist, so glauben wir, für eine lange Zeit verpasst worden. Schade.

Das zweite Thema: Mobilität

Die SPD-Fraktion hat im Hauptausschuss den Antrag gestellt, ein Mobilitätsprogramm für die Gemeinde Raesfeld zu erstellen, einen Arbeitskreis Mobilität zu bilden und dem „Zukunftsnetzwerk Mobilität NRW“ (kostenfrei) beizutreten. Dieser Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt. Über 50 % der Gemeinden in NRW befinden sich schon in diesem Netzwerk und profitieren von den Erfahrungen, die andere Gemeinden gemacht haben.

Wir hören doch oft die Klagen unserer Bürgerinnen und Bürger, die nach Wesel, Dorsten und nach Rhade kommen wollen. Die Frequenz der Fahrten ist unzureichend und die Fahrtkosten sind erstaunlich hoch. Eine Preisreduzierung wäre angebracht, wenn nicht sogar eine kostenlose Beförderung. Nur so können wir alle einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir müssen weg vom Individualverkehr kommen

Das dritte Thema: Konzept für die Wirtschaftswege

Der Kämmerer hat in seiner Haushaltsrede berichtet, dass sich die Verwaltung mit dem Thema beschäftigt. Das ist schon seit Jahren eine Forderung der SPD-Fraktion.

Ich vermisse allerdings eine Beteiligung der im Rat vertretenen Parteien. Will die Verwaltung einen Alleingang starten? Herr Kämmerer, nehmen Sie uns mit in das Boot! Nutzen Sie auch die Erfahrungen, wie andere Kommunen das Problem gelöst haben.

Wir werden darauf achten, dass die Verursacher der Schäden beteiligt werden und dass die Allgemeinheit nicht zu üppig an den Kosten hinzugezogen wird.

Zugegeben, das wird schwierig, aber es ist notwendig. Es geht nach den Worten des Kämmerers um einen Millionenbetrag in den nächsten Jahren.

Das vierte Thema: /Sportstätteninvestitions- und Sanierungsprogramm

Wie in meiner letzten Haushaltsrede angekündigt hat die SPD-Fraktion im dafür zuständigen Ausschuss einen Antrag auf ein Sportstätteninvestitions- und Sanierungsprogramm gestellt. Dieser Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt.

Bisher wurden Wünsche der Sportvereine in Einzelgesprächen (kurzer Dienstweg) oder über den GSV an die Verwaltung herangetragen. Das wollten wir verbessern und auch transparenter machen.

Daher haben wir im entsprechenden Ausschuss den Vorschlag gemacht, ein auf 5 Jahre ausgerichtetes Sportstätteninvestitions- und Sanierungsprogramm für die Gemeinde Raesfeld aufzustellen. Unter der Beteiligung aller Sportvereine soll mit der Verwaltung ein Programm erarbeitet werden, das langfristig die Investitionen und Sanierungen regelt.

Das ist übrigens in vielen Gemeinden längst der Fall.

Das fünfte Thema: Behindertengerechte Gemeinde

Vieles ist schon gut gelungen. Aber bei einem Rundgang in Erle mit einem Rollstuhl, einem Rollator und einem Kinderwagen mussten wir feststellen, dass einiges im Argen ist. Die Rampen, die einen Zugang zu Geschäften bzw. Heimathaus ermöglichen sollen, sind zu kurz und damit zu steil. Es wird Hilfe benötigt, um hochzukommen. Im Haushalt ist der Bau eines Geländers für das Heimathaus in Erle eingeflossen. Dank an die Verwaltung, dass sie unsere Kritik aufgegriffen hat. Einige Bushaltestellen (nicht von der Gemeinde zu betreuen) sind für Rollstuhlfahrende ungeeignet. Einmal sind die Schilder schwer lesbar und zum anderen sind die Unterstellmöglichkeiten bei schlechtem Wetter nicht erreichbar, weil der Zugang oft ungepflegt ist. Besonders gefährlich erschien uns der lange Zugang von dem Seniorenheim zur Kirche. Der Aufstieg ist ohne Hilfe kaum zu bewältigen und der Abstieg ist wegen des starken Gefälles mit der vorhandenen, nicht durch ein Geländer gesicherten 90°-Kurve extrem gefährlich. Wir hoffen, dass spätestens mit der Kirchplatzgestaltung diese Gefahr behoben sein wird. Besser wäre es natürlich, wenn schon bald ein Geländer eingebaut würde.

Auf ein weiteres Dilemma möchte ich in Raesfeld hinweisen. Einem behinderten Menschen ist es nicht möglich, an Veranstaltungen und an den Kursen des Bildungswerkes in der Villa Becker teilzunehmen. Der Aufzug ist seit langem kaputt und müsste repariert werden. Sollte das nicht möglich sein, muss eine Alternative gefunden werden. Behinderte Menschen müssen die Möglichkeit haben, alle Angebote in der Gemeinde zu nutzen.

Das sechste Thema: Ankauf von Grundstücken

Hier will ich die Verwaltung ausdrücklich loben. Die Gemeinde besitzt durch den Ankauf in den letzten zwei Jahren eine Vielzahl an Flächen.

Diese sollen als mögliche Gewerbeflächen oder als neue Baugebiete oder als ökologische Ausgleichsflächen dienen.

Ganz im Zeichen des Klimaschutzes sollte die Verwaltung bei der Vergabe an Betriebe in Gewerbegebieten oder an Privatpersonen in Baugebieten verpflichtende Vorgaben machen wie grüne Lungen in Gewerbegebieten oder kein Anlegen von Schotterbeeten in der Umgebung des Hauses. Bei der Bepflanzung könnte die Gemeinde Hilfestellung leisten. Die ersten Ansätze sind bei der Vergabe Baugebiet Binsenweg zu erkennen.

Das siebte Thema: Technische Ausstattung der Ratsmitglieder

In fast jeder Gemeinde sind die Ratsmitglieder mit Tablets ausgestattet, nicht mit eigenen, sondern mit Tablets von der Gemeinde ausgeliehen, passwortgeschützt und damit vor fremden Zugriff sicher. Im Zeitalter der Digitalisierung und des Klimaschutzes (Schonung der Ressourcen!) ist es doch nicht in Ordnung, dass wir Hunderte von Abzügen von Vorlagen und Protokollen anfertigen lassen müssen, um uns sachkundig zu machen.

Warum schaffen wir diese Ausstattung nicht? Selbst kleineren Gemeinden gelingt das.

Hier könnten wir ein deutliches Zeichen für den Klimaschutz setzen.

Dieser Antrag ist auch mit unserer Zustimmung für die nächste Ratsgeneration verschoben worden.

Das achte Thema: Aufstockung des Bauhofes um mindestens eine Vollzeitstelle

Im Hauptausschuss haben wir den Antrag gestellt, eine Vollzeitstelle zur Aufstockung des Bauhofes einzurichten.

Klagen von Bürgerinnen und Bürgern über ungepflegte die Straßen begleitende Bürgersteige und besonders das Versagen des Bauhofes bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (so sehen es viele Bürger) haben zu diesem Antrag geführt.

Wir können uns mit der Aussage nicht begnügen, dass man sein Möglichstes getan hat, dass aber die personellen Kapazitäten gefehlt haben.

Leider wurde unser Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren,

am Jahresende reflektiert man auch gerne die eigene Arbeit in den Ausschüssen des Rates. Die SPD-Fraktion hat im Jahr 2019 neben Anfragen 10 Anträge gestellt. Ich will sie alle einmal nennen und die damit verbundenen Entscheidungen in den Ausschüssen würdigen.

Antrag Einwohnerfragestunde: Teilerfolg.

Antrag Fahrbahnverengung (Pflanzkübel) Truvenne und Hoher Weg (Verkehrsinsel): abgelehnt mit der Begründung u.a. dass die Verkehrsteilnehmer Rücksicht aufeinander nehmen sollen (das ist leicht daher gesagt).

Antrag Blühwiesen: abgelehnt mit der Begründung, dass die Flächen verpachtet sind.

Antrag Konzept Eichenprozessionsspinner: abgelehnt mit der Begründung, dass Konzepte zu starr sind und man lieber in Einzelfällen reagieren will.

Antrag Gesamtkonzept Ortsmitte Raesfeld: abgelehnt, da das vorliegende Dorfentwicklungskonzept Einzelprojekte vorsieht.

Antrag Radweg Erle-Dorsten an der B 224: der wäre schon in der Planung, leider hatte von den Mitgliedern das Rates keiner Kenntnis.

Antrag Mehrgenerationen-Treffpunkt für Raesfeld (erneut gestellt): abgelehnt mit der Bemerkung, dass man den Fitnessparcour eventuell durch entsprechende Geräte ergänzen könne.

Antrag Stärkung der Sportvereine durch ein Sanierungs- und Investitionsprogramm für Sportstätten: abgelehnt mit der Begründung, dass bisher alles hervorragend geklappt hat und sich noch keiner beschwert hat.

Antrag Technische Ausstattung der Ratsmitglieder: verschoben in die nächste Ratsperiode.

Antrag Mitarbeiter für den Bauhof: abgelehnt mit der Begründung, dass die Verwaltung durch eine Umschichtung bei den anfallenden Aufgaben das Problem lösen will und dass die zu schaffende Stelle den Haushalt mit 40000 € jährlich belasten würde.

Antrag Mobilitätskonzept: abgelehnt mit der Begründung, dass man kaum Einfluss habe auf die Entscheidungen des Kreises und der Verkehrsverbünde.

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis:

Die SPD-Fraktion wird nicht aufgeben, weiterhin Anträge stellen und sich damit um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern.

Uns verwundert die Arroganz, Selbstsicherheit und leider stellenweise auch Respektlosigkeit der Mehrheitsfraktion der CDU an manchen Stellen, die jede Vernunft vermissen lassen.

So bei dem Antrag für die neue Stelle für den Bauhof. Da wird davon gesprochen, er sei aus politischer Sicht seltsam, das sei politisches Geplänkel oder da müsse der Bürger an seinem Anspruchsdenken arbeiten. Uns geht es dabei um das Recht der Bürger/innen um gesundheitliche Unversehrtheit und um nichts anderes.

Oder bei den Anträgen, Konzepte zu erstellen.

Es ist klar, dass Konzepte, die Erwartungen und Ziele und Zeitpunkt festlegen, transparent und von jedermann kontrollierbar sind. Aber das ist doch gut für die politische Arbeit. Das schafft doch Vertrauen. Das wollen wir doch eigentlich alle.

Meine Damen und Herren,

Sie werden erkannt haben, dass in der Gemeinde Raesfeld eine Menge getan worden ist, aber auch noch viel zu tun ist. Die SPD wird ihren Beitrag dazu leisten im Sinne und zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.

Meine Damen und Herren,

ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Ratsmitgliedern für eine meist sachliche Auseinandersetzung, bei der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit, bei der Presse für eine außerordentlich faire Berichterstattung (und das ist keine leere Floskel!), bei meinen Fraktionskollegen und unseren sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern für eine konstruktive Mitarbeit und vor allen Dingen bei den Bürgerinnen und Bürgern aus der Gemeinde, die sich im Jahr 2019 besonders für Raesfeld, Erle und Homer ehrenamtlich eingesetzt haben und die uns auf Probleme aufmerksam gemacht haben und mit Ideen gefüttert haben.

Im Namen der SPD-Fraktion wünsche ich allen ein frohes Weihnachtsfest

und ein friedvolles Jahr 2020.

Ich bedanke mich für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

Guad goan!