Haushaltsrede 2022

Veröffentlicht am 14.12.2021 in Kommunalpolitik

Begrüßung:

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Vertreter der Presse, sehr geehrte Gäste!

 

Dank an die Presse für die faire Berichterstattung.

 

Wissen Sie eigentlich noch, wie ich meine Haushaltsrede 2020 angefangen habe?

 

Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten – in Corona-Zeiten: Menschen sterben, Menschen leiden, Menschen verlieren ihre Existenz.“

 

Was ist seitdem anders geworden? Ich werde darauf noch zukommen müssen.

 

Was war im vergangenen Jahr?

Corona bestimmte unseren Alltag und wird es wohl auch in Zukunft tun. Unser aller Hoffnung, die Pandemie würde bewältigt worden sein, hat sich nicht erfüllt. Außerdem haben wir Erschütterndes im Juli diesen Jahres in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erlebt. Über 100 Menschen haben ihr Leben, ihr Hab und Gut in einer Jahrhundertflut verloren.

 

Wir leben in schwierigen Zeiten!

 

Zur Kommunalpolitik:

 

Zum Zahlenwerk:

Wir verabschieden heute den Haushalt für das Jahr 2022. Er weist Erträge in Höhe von 23.768.500 € und Aufwendungen in Höhe von 24.428.300 € auf. Er schließt also mit einem Defizit von 659.800 € ab. Das bereitet uns aber kein Unbehagen.

Für uns sind von besonderem Interesse die neuen Investitionen von 12.945.900 € (ohne Förder- mittel) – mehr als in den vorangegangenen Jahren; sie ermöglichen eine Aufwertung des Standortes Raesfeld, höhere Steuereinnahmen im Bereich der Gewerbesteuer, die Schaffung ortsnaher Arbeitsplätze (übrigens eine Wahlaussage der SPD im letzten Kommunalwahlkampf – Sie erinnern sich sicherlich), was wiederum ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz ist, da damit die hohe Zahl der Auspendler etwas reduziert werden kann. Zum Thema Umweltschutz hat mein Vorredner bereits alles Wichtige gesagt.

 

Zum Thema Steuern:

Die Grundsteuern A und B werden um 4%-Punkte angehoben, um die i-Pads für die Raesfelder Schülerinnen und Schüler anteilig zu finanzieren. Diese Anhebung können wir mittragen. Allerdings verstehen wir - die Fraktion der SPD - nach wie vor nicht, warum die Grundsteuer B um 17 Punkte zusätzlich erhöht, eine Erhöhung der Grundsteuer A jedoch unterlassen wurde. Ich stelle fest, dass es mal wieder die privaten Grundstückseigentümer trifft, die im kommenden Jahr u.a. mit einer Inflationsrate von aktuell 5,2%, steigenden Energie- und Handwerkerkosten rechnen müssen.

 

Anträge:

Die Fraktion der SPD stellte mehrere Anträge im Rat, als da waren:

Mehrgenerationen-Treffpunkt/Jugendforum/Reduzierung von Wahlplakaten/Alternativen zum Streusalz/Rückschnitt der Platanen im Südring/Anschaffung von Raumluftfiltern für die Raesfelder Schulen, eine gestaffelte Beteiligung der Gemeinde an den Anschaffungskosten für i-Pads für Schülerinnen und Schüler, um die finanzielle Belastung der Eltern für das Jahr 2022 zu reduzieren und sozialverträglicher zu machen.

Fast immer stießen unsere Anträge auf die Ablehnung der CDU – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

 

Ich komme zuerst zu den Erfolgen im letzten Jahr:

· Als Bürgerin, die nicht aus dem fernen Weseke kommt, macht es mich stolz, dass die Erler

Femeiche zum Nationalbaum erklärt wurde.

· Wir freuen uns, dass endlich der von uns geforderte Mehrgenerationen-Treffpunkt Wirklichkeit zu

werden scheint. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, glauben Sie mir, es waren dicke Bretter zu

bohren.

· Der Spielplatz am Ahornpfad wurde fertiggestellt. Man sollte aber auf keinen Fall wegen eines

Prestigeobjekts die anderen Spielplätze vernachlässigen.

· Am vergangenen Samstag wurde der neue Schulhof der Julia-Koppers-Gesamtschule eingeweiht.

Er ist sehr schön geworden, ebenso wie die Mensa in der Vergangenheit.

· Endlich wurde auch nach dem Karpfenteich mal ein Projekt der Dorfentwicklung fertig gestellt.

 

Aber:

Dagegen empfanden wir das Hickhack um die Luftfilter in den Schulen als katastrophal; unsere Kinder sollten uns jede Bemühung wert sein, ihre Gesundheit zu schützen.

 

Zur Erinnerung: Die SPD hatte in ihrem Antrag vom 28.8.2021 - basierend auf dem Antrag der FDP aus dem Frühjahr - mobile Geräte vorgeschlagen. Aber nein – es musste der Rolls Royce (sprich stationäre Raumluftfilter) sein. Oder war der Goldstandard schon Teil einer Vermeidungsstrategie?

 

Denn leider mussten wir mit Bitterkeit feststellen, dass im Nachgang des Ausschusses für Bau und Umwelt im Zusammenhang mit den RLF wird immer wieder eine neue Sau durch' s Dorf gejagt wurde; mitunter sogar dieselbe. Denn am 23.08. wurde der Antrag der SPD zurückgestellt, mit dem Auftrag an die Verwaltung, alles Ungeklärte zu klären. Das wurde offensichtlich nicht getan – denn warum sollte sonst die CDU (mit Verlaub, die Partei unseres Bürgermeisters) auf einmal mit vermeintlich neuen Fragen bezüglich Statik und Brandschutz um die Ecke kommen? Nicht nur wir – die Oppositionsparteien - sondern auch die Bürgerinnen und Bürger gewinnen den Eindruck, dass hier bewusst auf Zeit gespielt wird. Warum?

 

Das Agieren der CDU und unseres Bürgermeisters samt seiner Verwaltung lässt eine Strategie des Verhinderns ahnen, denn man hätte sich deutlich eher des Sachverhaltes annehmen können. Nun ist noch immer keine Entscheidung getroffen worden.

 

Zitat John Kerry (2021): Keine Entscheidung ist so schlecht wie keine Entscheidung.

 

Erfordert die Gesundheit unserer Kinder und damit letztendlich auch unsere Gesundheit nicht ein rasches Handeln? Oder wird hier mal wieder ein wichtiges Thema einem politischen Kalkül untergeordnet?

Denn an den Finanzen kann es nicht liegen, wie wir aus den umfassenden Ausführungen des Kollegen der CDU herausgehört haben.

 

Zu zaudern ist fatal.

 

Leben wir etwa in kinderfeindlichen Zeiten?

 

Das Anhalten der Corona-Pandemie – wie zu Beginn erwähnt - mit immer neuen Mutationen des Virus und die schreckliche Bilanz erfordert mutiges Handeln.

 

Wir leben in unkalkulierbaren Zeiten und ein Ende ist nicht abzusehen!

 

Da wird ein Schloss gekauft. Das Raesfelder Schloss. Vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern war offensichtlich gar nicht bewusst, dass die Gemeinde bisher nicht die Eigentümerin war. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wir - die Fraktion der SPD - stehen voll und ganz hinter der Kaufentscheidung. Das Schloss ist für Raesfeld von immenser Bedeutung, es ist unverzichtbarer Bestandteil unserer Geschichte und damit identitätsstiftend; es ist Anziehungspunkt für Touristen und das ist gut für die Geschäfte und die Gastronomie in unserer Gemeinde.

 

Wir leben in spannenden Zeiten!

 

Nach unserer Einschätzung ist der Kauf samt Investitions- und Unterhaltungskosten angemessen und für die Gemeinde finanzierbar. Wir wünschen der Verwaltung eine glückliche Hand bei der Auswahl des Pächters, damit aus dem Schlosskauf eine Erfolgsgeschichte wird.

 

Allerdings war die kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit vorhersehbar:


Geld für ein Schloss – kein Geld für Kinder. Eine schlechte Bilanz für eine immer wieder gelobte familienfreundliche Gemeinde!

 

An der Stelle ein Zitat unseres früheren Pastors Barlage: Wenn man das Eine tut, darf man das Andere nicht lassen.

 

Thema i-Pads:

Der Ausschuss für Bildung und Kultur hat gegen die Stimmen von UWG, Grünen und SPD entschieden, den notwendigen Kauf von i-Pads mit 125 € pro Schulkind zu unterstützen. Es gab Anträge, die eine volle oder eine gestaffelte Kostenübernahme vorsahen, um finanzielle Härten abzufedern. Sie wurden abgelehnt. Da eine einheitliche Ausstattung aller Schulkinder für das Jahr 2022 notwendig und auch sinnvoll im Zuge der Digitalisierung von Schule ist, kommt auf die Familien nämlich eine enorme Ausgabe im Bundesland der Lernmittelfreiheit zu. Besonders betroffen sind einkommensschwächere Eltern und Alleinerziehende mit einem oder gar mehreren Schulkindern. Das ist nicht sozialverträglich und familienfeindlich.

Man berief sich auf verbindliche Absprachen mit dem Schulträger der Julia-Koppers-Gesamtschule – also der Stadt Borken.

 

Wir wehren uns dagegen, dass Absprachen mit der Stadt Borken, wie das Beispiel der i-Pads an der Julia-Koppers-Gesamtschule zeigt, getroffen werden, ohne dass wir als Rat der Gemeinde darüber vorher beraten haben. Das betrifft insbesondere Absprachen, die aus unserer Sicht sozial unverträglich sind.

 

Denn wir leben in teuren Zeiten!

 

Sie sehen, dass fast alle Entscheidungen, die hier im Rat getroffen werden, übergreifende oder besser gesagt: weitreichende Folgen haben.

 

Verehrte Ratskolleginnen und -kollegen: Trotz großer, umfangreicher Projekte, die zweifelsohne in der Gemeinde anstehen, bitte vergessen Sie nicht die kleinen Probleme. Wir, die SPD-Ratsfraktion, werden darauf ein Auge haben.

Vergessen Sie bitte nicht, wir alle sind die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Raesfelder Bürgerinnen und Bürger, es ist unsere Pflicht, uns mit ihren Fragen und Problemen auseinander zu setzen, nach verträglichen Lösungen zu suchen und zu handeln.

 

In diesem Zusammenhang, verehrter Herr Bürgermeister, hat mich eine Bemerkung in ihrer Rede bei der Haushaltseinbringung bezüglich des Klimaschutzes ziemlich verärgert: „Umweltschutz fängt bei uns selbst an“ – ja, aber man kann eine Vorbildfunktion nicht delegieren – schon gar nicht, wenn einem die Wege und Ziele nicht in den Kram passen.

 

Herr Bürgermeister, verehrte Vertreter der Verwaltung: Wir vermissen an vielen Stellen Transparenz - nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber - sondern auch uns, dem Rat. Die aktuellen Themen „Raumluftfilter“, „i-Pads“, „Schlosskauf“ gehören dazu, des Weiteren stellen sich die Fragen nach der Dorfentwicklung – insbesondere nach den Fortschritten bezüglich Aelkes Hof, Hotel Epping und Gelände und natürlich für mich als Erlerin Fragen bezüglich des Themas „Dorfkneipe“, Drogeriemarkt.

 

Und nun noch etwas zum Umgang miteinander im Rat selbst: Ich habe an dieser Rede schon seit einiger Zeit gearbeitet. Am Anfang hatte ich eine Bemerkung darin, die ich leider löschen musste: (Ich zitiere:) Ich freue mich, dass einzelne Ratsmitglieder der CDU es offensichtlich aufgegeben haben, alles, was nicht von der CDU kommt, polemisch lächerlich zu machen oder gar zu skandalisieren. Wie gesagt, ich musste diese Bemerkung leider nach den Erfahrungen aus den letzten Rats- und Ausschuss-Sitzungen löschen, da ich im Irrtum war; einzelne Vertreter der CDU scheinen wieder in dieses fatale Bestreben zurückgefallen zu sein.

 

Lassen Sie uns davon Abstand nehmen, denn wir sollten Vorbilder sein in einer Welt, in der Respektlosigkeit, fehlende Empathie und rauer Umgangston offenbar salonfähig zu werden scheinen.

 

Um auf den Anfang dieser Rede zurück zu kommen: Die anhaltende Pandemie birgt auch eine Chance für uns alle: Die Chance, sich wieder auf Tugenden wie Höflichkeit, Rücksicht, Fairness, Hilfsbereitschaft und damit verbunden, Solidarität zu besinnen.

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine gesegnete Weihnacht und ein besseres Jahr 2022.

 

 

Bleiben Sie gesund!